Im Rahmen des Nutzwasser-Projektes werden neue hochflexible und bedarfsgerechte Managementstrategien für eine Wasserwiederverwendung zur urbanen und landwirtschaftlichen Bewässerung praxisnah entwickelt. Die erforderliche Nutzwasserqualität wird durch den Einsatz robuster weitergehender Multibarrieren-Aufbereitungsverfahren bereitgestellt, die in der Lage sind, je nach Bedarf kurzfristig an- und abgefahren werden zu können.
Zusammen mit den Projektpartnern Stadtentwässerung Schweinfurt, Technologiezentrum Wasser Karlsruhe, Regierung von Unterfranken, Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, BGS Umwelt GmbH, IWW Zentrum Wasser Mühlheim, COPLAN AG, Hollinger GmbH, Leibniz-Rechenzentrum, ALB e.V., Xylem, Nanostone und der TUM wurde der Aufbereitungszug bestehend aus keramischer Ultrafiltration, Ozonung und nachgeschalteter biologisch aktivierter Aktivkohlefiltration mit abschließender UV-Desinfektion auf dem Betriebsgelände der Kläranlage Schweinfurt erfolgreich in Betrieb genommen (Abb. 1).
Die Demonstrationsanlage hat eine maximal Aufbereitungskapazität von etwa 10 m3/h und derzeit werden mit dem Nutzwasser sowohl landwirtschaftliche Kulturen, wie Kohlrabi oder Melonen, in einem Gewächshaus und auf einer Freifläche sowie ein Sportplatz bewässert. Die mit diesem Aufbereitungszug erzeugte Nutzwasserqualität wird mit drei weiteren Wasserqualitäten verglichen: Trinkwasser, aufbereitetes Wasser entsprechend der EU-Mindestanforderungen für eine landwirtschaftliche Wasserwiederverwendung, sowie Nutzwasser nach Bodenpassage (Abb. 2). Damit wird untersucht, inwiefern sich die unterschiedlich erzeugten Nutzwasserqualitäten im Vergleich zu Trinkwasser in Bezug auf mögliche phytotoxische Effekte oder eine hygienische/chemische Beeinträchtigung der Gewächshauskulturen und des Bodens auswirken (Abb. 2).
Derzeit wird der Betrieb des Nutzwasseraufbereitungszuges optimiert. Dies geschieht nicht nur in Hinblick auf betriebliche Parameter (z. B. Betriebsstabilität der Ultrafiltration, Ozonung, BAK-Filter, UV-Einheit), sondern auch in Hinblick auf die damit erzeugte Nutzwasserqualität. Dafür wurden und werden umfangreiche Probenahmekampagnen (wöchentlicher Rhythmus für Indikator-Spurenstoffe (wie Benzotriazol, Iopromid, Gabapentin, etc.) und PFAS, sowie Summenparameter TSS, TOC, DOC, SAK254, und Anionen und Kationen (Nitrat, Nitrit, Sulfat, Chlorid, Calcium, Magnesium, Natrium, Bor, Aluminium, Eisen, Mangan, Bromit, Bromat) durchgeführt. Damit lässt sich die Entfernungsleistung des Aufbereitungszuges charakterisieren und optimal einstellen. Es muss sichergestellt werden, dass weder für die bewässerten landwirtschaftlichen Pflanzenkulturen oder urbanen Grünflächen noch für einen potenziellen Endverbraucher inakzeptable chemische oder mikrobiologische Risiken durch die Nutzwasser-Bewässerung entstehen. Zum Beispiel fordert die neue EU-Wasserwiederverwendungsverordnung (EU-WWVO) als Mindestanforderung für eine Wasserwiederverwendung für die Güteklasse A eine Entfernung von Phagen von > 6 Log-Stufen. Im Rahmen erster Versuche zur Validierung mit Surrogatviren konnte eine Entfernung von MS2 Phagen und phiX174 von deutlich mehr als 6 Log-Stufen erreicht werden. Das Leistungsziel der EU-WWVO kann somit mit dem etablierten Aufbereitungsziel eingehalten werden.
Parallel zur Implementierung der Aufbereitungsanlagentechnik wurde für ein nachhaltiges und bedarfsorientiertes Wassermanagement in der Landwirtschaft eine vollautomatisierte, digitale Bedarfsbestimmung und -erfassung etabliert (vgl. Abb. 3). Die genaue Bedarfsermittlung ist daneben auch wichtiger Bestanteil für einen optimierten Betrieb der Wasseraufbereitung. Es wurde ein Cloud-basierter Ansatz für die Prognose des kurzfristigen landwirtschaftlichen Bewässerungsbedarfs entwickelt. Dafür werden in einem landwirtschaftlichen Planungsraum Echtzeit-Wetterdaten, Wettervorhersagedaten und schlagbezogene Daten in einer für Landwirte frei verfügbaren Bewässerungs-App verrechnet. Zudem werden Daten von lokalen Grundwassermessstellen, und Wasseruhren in Echtzeit über Sensoren ausgelesen. Diese IoT-Knoten (Internet of Things) übermitteln die Daten per LoRaWAN an ein zentrales Gateway, das die Daten über The Things Network (TTN), per LTE/UMTS in die Cloud des Leibniz-Rechenzentrums übermittelt. Diese Daten stehen nun für eine bedarfsgerechte Nutzwasserbereitstellung zur Verfügung.
Bildunterschriften:
Abbildung 1: Luftbild der Demonstrationsanlagen auf dem Betriebsgelände der Stadtentwässerung Schweinfurt (Quelle: Verbundprojekt Nutzwasser)
Abbildung 2: Vier verschiedene Wasserqualitäten werden vor Ort eingesetzt, um verschiedene Kulturen im Gewächshaus zu bewässern. Zudem werden mit der erzeugten Nutzwasserqualität ein landwirtschaftliches Testfeld und ein Sportplatz bewässert (Quelle: Verbundprojekt Nutzwasser)
Abbildung 3: The Internet of Things (IoT) zur landwirtschaftlichen Bedarfsbestimmung und Prognose in Echtzeit (Quelle: Verbundprojekt Nutzwasser)