Im Rahmen des Nutzwasser-Projektes werden neue hochflexible und bedarfsgerechte Managementstrategien für eine Wasserwiederverwendung zur urbanen und landwirtschaftlichen Bewässerung praxisnah entwickelt.
Es wurde ein weitergehender Aufbereitungszug bestehend aus keramischer Ultrafiltration, nachgeschalteter Ozonung und biologisch aktivierter Aktivkohlefiltration mit abschließender UV-Desinfektion auf dem Betriebsgelände der Kläranlage Schweinfurt erfolgreich in Betrieb genommen (Abb. 1, linkes Bild). Derzeit werden mit dem Nutzwasser sowohl landwirtschaftliche Kulturen, wie Kohlrabi, Melonen, Feldsalat, etc. in einem Gewächshaus (Abb. 1, rechtes Bild) und auf einer Freifläche sowie ein benachbarter Sportplatz bewässert. Die mit diesem Aufbereitungszug erzeugte Nutzwasserqualität wird mit drei weiteren Wasserqualitäten verglichen: Trinkwasser, aufbereitetes Wasser entsprechend der EU-Mindestanforderungen für eine landwirtschaftliche Wasserwiederverwendung, sowie Nutzwasser nach Bodenpassage.
Abbildung 1: Luftbild der Demonstrationsanlagen auf dem Betriebsgelände der Stadtentwässerung Schweinfurt (links) und Gewächshaus bepflanzt mit Honigmelonen bewässert mit 4 unterschiedlichen Wasserqualitäten (rechts). (Quelle: Nutzwasser).
Damit wird untersucht, inwiefern sich die unterschiedlich erzeugten Nutzwasserqualitäten im Vergleich zu Trinkwasser in Bezug auf mögliche phytotoxische Effekte oder eine hygienische/chemische Beeinträchtigung der Gewächshauskulturen und des Bodens auswirken. Über umfangreiche Probenahmekampagnen konnten substanzielle mikrobiologische sowie chemische Entfernungsleistungen des weitergehenden Nutzwasseraufbereitungszuges nachgewiesen werden: Spurenstoffe wie Benzotriazol oder Sulfamethoxazol wurden um mehr als 98% entfernt, und für Coliforme, E. coli, Enterokokken, F+-Bakteriophagen, oder somatische Phagen wurden Entfernungen von jeweils >10 Log-Stufen bestimmt. Folglich können die Leistungsziele der EU-Wasserwiederverwendungsverordnung problemlos mit dem etablierten Aufbereitungszug eingehalten werden.
Für die bedarfsgerechte Behandlung und Bereitstellung von weitergehend aufbereiteten Klarwasser (sog. „Nutzwasser“) ist die Kenntnis des lang- und kurzfristigen Bewässerungsbedarf maßgebend: Daher wurde ein Cloud-basierter Ansatz für die Prognose des kurzfristigen und unmittelbaren landwirtschaftlichen und urbanen Bewässerungsbedarfs entwickelt. In einem landwirtschaftlichen und urbanen Bewässerungsgebiet im Planungsraum um und in Schweinfurt werden Echtzeit-Wetterdaten (vom Deutschen Wetterdienst DWD), Wettervorhersagedaten (DWD) und schlagbezogene Daten (Kulturart, Bodenfeuchte und -temperatur) in einer für Landwirte frei verfügbaren Bewässerungs-App der ALB e.V. verrechnet. Zudem werden Daten von lokalen Grundwassermessstellen und Wasseruhren an den von Landwirten im Untersuchungsraum eingesetzten Bewässerungspumpen in Echtzeit über Sensoren ausgelesen und in einem embedded Microcontroller vorverarbeitet (Edge computing).
Diese IoT-Knoten übermitteln die Daten per LoRaWAN an ein zentrales Gateway, das die Daten vieler IoT-Knoten entgegennimmt und von dort über The Things Network (TTN), per LTE/UMTS oder über eine LAN-Anbindung in die Cloud des Leibniz-Rechenzentrums übermittelt (vgl. Abb. 2, linkes Bild). Hier werden die Daten ausfallsicher gespeichert, zusammengeführt, prozessiert, archiviert und über eine Web-Benutzeroberfläche verfügbar gemacht (vgl. Abb. 2, rechtes Bild). Weiterhin werden für ausgewählte Übergabepunkte die Wassermengen und Wasserqualitätsdaten (Leitfähigkeit, Nitrat, Nitrit, pH, Temperatur, Trübung, SAK254, DOC, TOC, etc.) ebenfalls über Echtzeit-loT Sensoren in die Cloud gestellt. Damit ergibt sich einerseits ein autonomes Steuerungssystem für die Anforderung und Verteilung von Nutzwasser, andererseits aber auch ein System zur Prozesskontrolle und Qualitätssicherung. Diese Daten dienen der bedarfsgerechten Nutzwasserbereitstellung und werden für die Öffentlichkeit in einem Besucherzentrum visualisiert.
Abbildung 2: Konzept des „The Internet of Things (IoT)“ zur landwirtschaftlichen Bedarfsbestimmung und Prognose in Echtzeit (links) und Datendarstellung über Web-Benutzeroberfläche (rechts). (Quelle: Nutzwasser).